Die Einstufung von Lernenden in Alphabetisierungskurse funktioniert nicht einwandfrei, was zu sehr heterogenen Gruppen und entsprechenden Schwierigkeiten für Lehrpersonen und Lernende führt und eine wenig zielführende Nutzung von Integrationspauschaulen nach sich zieht. Grundsätzlich ist die phonologische Bewusstheit eine entscheidende Fähigkeit und ein Prädiktor für den (erfolgreichen) Erwerb einer Alphabetschrift, aber diese ist bei den Teilnehmenden in heterogenen Kursen, insbesondere wenn diese u.a. aus Zweitschriftlernenden bestehen, häufig unterschiedlich stark entwickelt.
Das Projekt baut auf dem KFM-Projekt Alpha I auf, welches eine erste Item- und Aufgabensammlung zur Förderung und Feststellung der phonologischen Bewusstheit in den Ausgangssprachen Arabisch und Tigrinya und in der Zielsprache Deutsch erarbeitet hat. Alpha II soll diese Ressource zu einem strukturierten Itempool weiterentwickeln, der sowohl für die individuelle Förderung als auch für die Diagnose im Rahmen der Einstufung genutzt werden kann. Das vorgeschlagene Projekt zielt darauf ab, sich auf zwei Lautebenen (Silbe und Phonem) und drei Operationalisierungsebenen (Identifizieren, Synthetisieren und Segmentieren) zu konzentrieren, da diese Ebenen aus didaktischer Sicht am nützlichsten zu sein scheinen. Ein bild- und tonbasiertes Diagnosetool wird bei Teilnehmenden von Alphabetisierungskursen in der deutschsprachigen Schweiz eingesetzt und soll durch Qualitätsprüfungen mit 80 bis 100 Teilnehmenden auf verschiedenen Alphaniveaus getestet werden. In einer zweiten Erhebung wird die Leistung des Tools in einem Prä-/Posttestdesign überprüft, um die Vorhersagbarkeit des Lernfortschritts sowie die Wahrnehmung und Praktikabilität der Trainingsmodule aus der Perspektive der Teilnehmenden zu untersuchen.
Alpha II will einen strukturierten Pool erprobter Items und erprobter Trainingsmodule zur individuellen Förderung der phonologischen Bewusstheit erstellen und, soweit es die Analyseergebnisse erlauben, zudem ein Tool entwickeln, dass zur Diagnose phonologischer Bewusstheit in der Zielsprache Deutsch herangezogen werden kann. Das Projekt richtet sich vor allem an die Lernenden selbst, denen der Weg zur Schrift geebnet werden soll. Das Diagnosetool ist ein Instrument für Sprachkursleitende und möchte diese darin unterstützten, zentrale Voraussetzungen der Alphabetisierungsarbeit auch empirisch abzuklären sowie Kurszuteilungen auchauf entsprechende Evidenz abzustützen.
Die phonologische Bewusstheit soll bei wenig oder gar nicht alphabetisierten jugendlichen und erwachsenen Migrant:innen individuell gefördert werden – idealerweise ausserhalb des Kurses oder gleichzeitig, aber aufbauend auf ihrem aktuellen Wissen. Dieses Wissen soll im Projekt genauer erfasst werden, damit die Teilnehmenden weder unter- noch überfordert werden, sondern durch gezielte Übungen individuell gefördert werden können.